Lexikon zur Geschichte Wandsbeks

 

Concordia-Stadion

Auf dem Gebiet des späteren Concordia-Stadion an der Oktaviostraße befand sich zuvor ein sogenanntes "Sonnenbad". Das Gelände gehörte dem "Verein  zur naturgemäßer Gesundheitspflege von 1884". Streng nach Geschlechtern getrennt wurden leicht bekleidet Luft- und Sonnenbäder genommen.  Es gab ein Kneipp-Becken, Gastronomie und eine Wiese für Ballspiele. 

1924 wurde auf dem Grundstück dann das Stadion eröffnet. In 50er Jahren spielte der SC Concordia in der Oberliga, er war damals die 3. Kraft im Hamburger Fußball. Zu einem  Spiel gegen den HSV im Jahr 1952 strömten mehr als 14000 Zuschauer in die Oktaviostraße. Das Stadion erhielt als erstes Hamburger Stadion bereits 1957  Flutlicht. 2009 wurde das Stadion geschlossen. Nach kurzzeitiger Nutzung zur Flüchtlingsunterbringung erfolgt jetzt der lange geplante Wohnungsbau.  Auf Drängen einer Bürgerinitiative soll ein Teil an das Gehölz fallen. 

Im Zuge der Bauarbeiten wurden 2017 Säulen vom alten Hotel Marienthal bei den Baumaßnahmen gefunden. Aus den Trümmern des im Krieg zerstörten ehemaligen Hotels waren damals die Tribünen des Stadions errichtet worden. 

Auf dem Bereich, der an das Gehölz fallen wird, steht ein Obelisk, der an die in den Welkriegen getöteten Vereinsmitglieder des SC Concordia erinnert.

 

Gehölz

Bei dem Wandsbeker Gehölz handelt es sich um den Rest eines riesigen Waldgebiets im östlichen Hamburg. 1857 erwarb der Kaufmann und Grundstücksspekulant Johann Anton Wilhelm von Carstenn den südlichen Teil Wandsbeks, um diesen zu parzellieren und damit die Villenkolonie Marienthal zu gründen.

Auch das Gehölz sollte dieser Parzellierung zum Opfer fallen.

Dagegen regte sich in der Bevölkerung Widerstand, zumal schon Teile des damals frei zugänglichen Schlossparks parzelliert worden waren.

Auf diesen Druck hin kaufte die Fleckenverwaltung die Gehölze zurück und rettete sie damit vor der Abholzung.

Die Gehölze wurden für die Hamburger Stadtbevölkerung ein beliebtes Ausflugsziel, das bekannte Ausflugslokal "Groß  Jüthorn" bestand bis 1938.

Blick vom Gehölz auf die Hamburger Kirchtürme 1835
Blick vom Gehölz auf die Hamburger Kirchtürme 1835

Jonku-Haus

Anfang letzten Jahrhunderts kam Vasile Jonescu, Sohn eines
Weingutbesitzers aus der Nähe von Bukarest, nach Deutschland. Er lernte sein Handwerk in der Lederwarenindustrie. 1919 machte er seine eigene Firma in der Wandsbeker Schlossstraße 38 auf. Dort wurde er 1943 total ausgebombt.

Aber schon kurz nach der Währungsreform 1948 kaufte er das durch Bomben beschädigte Gebäude der Ortskrankenkasse Wandsbek in der Bleicherstraße (heute Kattunbleiche 35) und baute dies zu einer Leder- und Lederwarenfabrik aus. Hier wurden hochspezialisierte Lederwaren wie z.B. Ledergürtel für Pfadfinderausrüstungen hergestellt, die in alle Welt exportiert wurden.

Das Jonku-Haus, diese Perle der klassischen modernen Architektur, steht in Wandsbek etwas versteckt, aber nur wenige hundert Meter vom Wandsbeker Markt entfernt. Heute beherbergt es einen "Content-Garden", eine Firma für Suchmaschinen-Marketing. Es lohnt sich auf jeden Fall, mal einen kleinen Umweg zu machen, um sich das Haus anzuschauen.

Das Gebäude war als "Bürohaus von 1928" denkmalgeschützt. Da die Bomben nur wenig Schaden verursacht haben, bemüht sich die Geschichtswerkstatt Wandsbek um die Wiederaufnahme in die Liste der Hamburger Denkmäler.

das Jonku-Haus 2018 Foto: Klaus Curth
das Jonku-Haus 2018 Foto: Klaus Curth

Kino Harmonie

Das Gebäude an der Hamburger Straße  (heute Wandsbeker Marktstraße) wurde seit 1820  als Theater genutzt. 

1905 wurde es zu einem Tanzlokal namens „Club und Ballhaus Harmonie" (Kosename "Punsch")

1918 wurde es zu einem Saalkino mit 600 Plätzen umgebaut und hieß von da an Harmonie-Lichtspiele"

1928 wurde das Kino von Paul Besse erworben, es folgte ein aufwändiger Umbau mit Vergrößerung des Saales auf 1600 Plätze. Die Licht- und Akustikverhältnisse waren für die damalige Zeit hervorragend.

Das Gebäude wurde im Juli 1943 durch die Bombenangriff zerstört.

Daher wurden die Filme ab dem 1.7.1944 in der Turnhalle Kneesestraße am Wandsbeker Bahnhof gezeigt.

Paul Besse ließ die "Harmonie" am alten Standort wieder errichten, sie war mit 1600 Plätzen das größte Hamburger Nachkriegskino. 

Zur Eröffnung am 20.04.1951 lief "Gabriela" mit Zarah Leander,  die bei der Vorstellung anwesend war.

Das Kino wurde am 30.12.1968 geschlossen.

Kaufhof erwarb das Gebäude, riss es komplett ab, kaufte das dahinter liegende Areal bis zum Brauhausstieg dazu und errichtete auf dem Grundstück ein neues Gebäude, in das die Kaufhof-Tochter "Kaufhalle" zog.

Nachdem aufgrund massiver Verluste der Kaufhalle auch diese Wandsbeker Filiale geschlossen wurde, befanden sich in dem Gebäude von 2004 bis Ende 2016 das Warenhaus "Strauss Innvation" und eine Budni-Filiale.

Seitdem steht es leer.

KZ Neuengamme Außenstelle Wandsbek

Von Sommer 1944 bis Mai 1945 befand sich an der Ahrensburger Straße 162 die Außenstelle Wandsbek des KZ Neuengamme. 

Zur Herstellung von Gasmasken für die angrenzenden Drägerwerke AG mussten hier über 500 zumeist weibliche Häftlinge Zwangsarbeit leisten. Die Befreiung durch britische Truppen erfolgte im Mai 1945. Im Zuge der juristischen Aufarbeitung durch die Alliierten gab es 3 Freisprüche und zwei Verurteilungen: Lagerleiter Steenbeck erhielt 20 Jahre Zuchthaus, der Wachmann Dreier fünfzehn Jahre.

Seit Mai 2010 befindet sich auf dem ehemaligen Gelände eine kleine Gedenkstätte.

Marienthal 

1857 wurde der südliche landwirtschaftlich geprägte Teil Wandsbeks von den Nachfahren Schimmelmanns an den Hamburger Kaufmann Carstenn verkauft. Dieser ließ das Gebiet parzellieren und schuf damit die Villenkolonie Marienthal.

Laut früheren Erklärungen geht der Name auf einen Witwensitz zurück, den der Kaiserliche Rat Kielmannsegg 150 Jahre zuvor für seine Frau Marie am Mühlenteich bauen ließ. Es wurde jedoch eine Urkunde gefunden, dass Carstenn seine Villenkolonie nach seiner Tochter Marie benannte. 

Wahrscheinlich ist, dass Carstenn nach einem guten klingenden Namen suchte, in dem seine Tochter vorkam und sich dann für die damals schon historische Bezeichnung des Witwensitzes entschied.

1878 erfolgte die Eingemeindung Marienthals nach Wandsbek.

Seit der bezirklichten Neuordnung von 1949 ist Marienthal ein eigenständiger Stadtteil im Bezirk Wandsbek, der seinen grünen Charakter bewahren konnte.

Postkarte Marienanlage um 1906
Postkarte Marienanlage um 1906

Rathaus in der Königstraße

1870 wird Wandsbek vom Flecken zur Stadt.

Die Verwaltung sitzt zunächst in zwei angemieteten Gebäuden in der Königstraße  (heute Wandsbeker Königstraße).

Nach deren Erwerb erfolgt 1873 der Umbau zum Rathaus. 

1888 wird das Rathaus durch den Zukauf des Nachbargrundstücks an der Mathildenstr  (heute Brauhausstieg) erweitert.

Aufgrund von Platzmangel wurden in der Folgezeit mehrere Dienststellen an anderen Orten der Stadt untergebracht.

Da es sich nicht um ein repräsentatives Rathaus handelt, wird das Gebäude lediglich als "Stadthaus" bezeichnet. Es gab immer wieder Pläne für einen Neubau an anderer Stelle, die aber nicht umgesetzt wurden, u.a. weil der Erste Weltkrieg dazwischen kam.

1937 erfolgte die Eingemeindung Wandsbeks nach Hamburg. Das Gebäude wurde weiterhin zu Verwaltungszwecken verwendet bis es 1943 den Bomben zum Opfer fiel

 

Sinti in Wandsbek

Nahe dem Mühlenteich gab es im Grimmsgang städtlische Notwohnungen für Bedürftige. Der Grimmsgang war ein schmaler Gang der von Kurzen Reihe (heute Königsreihe) abging. In diesen Armenwohnungen lebten nach 1922 neben anderen Bewohnern auch mehrere Sinti-Familien. Zuvor war die Kirchhofstwiete am alten Friedhof Wandsbek für die Ansiedlung von Sinti bekannt gewesen.

Ein Artikel des Hamburger Anzeigers von 1930 widmete sich unter dem Titel ,,Das Wandsbeker Zigeunerviertel" den Sinti vom Grimmsgang: Sinti-Kinder spielen mit den anderen Plattdeutsch sprechenden Kindern des Viertels und können sich gut mit ihnen verständigen. Junge Männer spielen auf den Bänken im Mühlenteichpark hingebungsvoll auf der Mandoline, um das Herz ihres angebeteten Mädchens zu gewinnen.

Das Milieu im Grimmsgang wird folgendermaßen beschrieben:

"Niedrige Häuser, Hofplatz mit zerbrochener Planke, hölzerne Außentreppe. Auf den Eingangsstufen sitzen spielende Kinder, musizierende junge Leute."

 

Im Adressverzeichnis von 1932 sind die Sinti mit Berufsbezeichnungen wie "Korbmacher" und "Artist" aufgeführt.

Einige der Sinti haben die NS-Zeit laut Zeitzeugenberichten glücklicherweise überlebt. Sie mussten im Krieg Zwangsarbeit verrichten und kehrten danach an ihren alten, durch die Bombenangriffe stark zerstörten Wohnort zurück. Sich an ihre Tradition als fahrendes Volk erinnernd, errichteten sie südlich des Mühlenteichs ein "Zigeunerlager", später lebten sie auf einem Platz am Jenfelder Moor.

 

Steinbänke und Säulen Hammer Straße 

Auf dem früheren Mittelstreifen der Hammer Straße befanden sich, wie dieses mittlerweile schon historische Foto zeigt, neben einem Grenzstein zwei historische Steinbänke mit zwei Säulen. Auf den Bänken soll schon Matthias Claudius mit seinen Freunden gesessen und über die damals noch unbebauten Heideflächen nach Hamburg geschaut haben.

Später säumten sie die Zufahrt zum Traunspark .

Nach dem Abschluss der Bauarbeiten für die Bahn-Unterführung wurden Bänke, Säulen und Grenzstein an alter Stelle auf Höhe des Asmuswegs wieder aufgestellt.

Siehe auch den Blog-Beitrag zu Grenzstein, Bänken und Säulen.

Foto: Ajepbah (Wikipedia)  | Grenzsteine, Säulen und Steinbänke auf dem Grünstreifen in der Mitte der Hammer Straße in Hamburg-Marienthal  | Lizenz: CC-BY-SA
Foto: Ajepbah (Wikipedia) | Grenzsteine, Säulen und Steinbänke auf dem Grünstreifen in der Mitte der Hammer Straße in Hamburg-Marienthal | Lizenz: CC-BY-SA

Traunspark

Zwischen Hammer Straße und Claudiusstraße befand sich früher ein parkähnliches Areal mit einem im Stil englischer Herrenhäuser erichteten Landhaus, das als "Englisches Haus" bezeichnet wurde. Als Bauherr gilt Heinrich Carl von Schimmelmann, der es um 1772 erbaut und dann auch bewohnt haben soll.

Das Anwesen wurde 1797 von Christian Schimmelmann (der Sohn von Heinrich Carl von Schimmelmann) an einen Hamburger Kaufmann namens Johann Heinrich Ludendorff verkauft. 

Zu der Zeit unterhielten viele wohlhabende Hamburger Kaufleute neben ihren Stadtwohnungen Landsitze vor den Toren Hamburgs. Neben den Elbvororten und der Geestkante in Hamm und Horn gehörte auch Wandsbek zu diesen bevorzugten stadtnahen Lagen. 

Später ging der Besitz an einen Hamburger Kaufmann namens Wöbbe, bis ihn schließlich der Fabrikant, Senator und Sozialpolitiker Heinrich Traun (*1838, † 1909) übernahm. Nach ihm wurde das Areal Traunspark genannt. Die Steinbänke und Säulen, auf denen Matthias Claudius ein Jahrhundert zuvor mit seinen Freunden gesessen haben soll, säumten den Zugang zu diesem Anwesen.

Zu dem parkartigen Gelände gehörte auch ein Teich mit einem Badehaus. Dieser Teich war über Gräben mit dem Schloßgartenkanal verbunden. 

Der heute zugeschüttete Schloßgartenkanal ist auf den historischen Karten deutlich zu erkennen. Er befand sich nördlich in Verlängerung der heutigen Zitzewitzstraße (früher Voss Straße).

Die Parzellierung des Traunspark erfolgte erst 1913, heute erinnert lediglich die dort gelegene Straße Trauns Allee an diese vergangenen Zeiten.

Einen auch nach dem Senator benannten Traunspark gibt es heute noch in Rothenburgsort.